Dienstag, 29. März 2011

Schon GEZeigt bekommen, wer hier das sagen hat?

3sat "neues" darf nicht abgesetzt werden.

Das Fernsehen. Es ist ein alter Freund von mir. Ich gebe zu, könnte man das Fernsehen heiraten, ich hätte es schon ein paar mal getan. Aber es ist ja nun immer so in jenen langjährigen Beziehungen: Nicht alles wird besser, nicht alles wird gut. Manchmal wird es bitterböse und enttäuschend. Ja, ich muss zugeben, das Fernsehen und ich, wir verstehen uns nicht mehr so gut. Vielleicht, weil ich zu oft mit den Mediatheken fremd gegangen bin, aber diese Affären waren doch schon eher Symptom als Ursache des Ganzen. 

Es waren Kleinigkeiten, mit denen es begann. Ein paar gute Sendungen verschwanden, ein paar schlechte rückten nach, ein paar sehr schlechte blieben bestehen. Wenn ich gerade Lust auf gute Filme hatte, dann wollte das Fernsehen gerade nicht und wenn das Fernsehen gerade gute Filme bringen wollte, dann schlief ich schon und ließ mich nicht mehr wecken. 

Im Ernst, meine Damen und Herren, was ist da los? Wer schaut den Menschen beim Restaurant aufpäppeln zu? Wer freut sich über Eltern, die ihre Kinder auf die Straße setzen? Wer adaptiert die Stille Treppe der "Nanny" und wer glaubt ernsthaft, dass eine Sendung einem hilft, aus der Hartz IV Krise zu kommen? Und obwohl mir schon darüber alle Haare ausfallen wollen, dann muss ich doch sagen, meinetwegen, das sind Privatsender. Und die eine oder andere Sendung, obwohl Effekte heischend, ist wenigstens noch gut gemacht. 

Öffentlich-Rechtlich, so heißt mein Sorgenkind, denn dafür wird bezahlt in Deutschland. "Ihr gutes öffentliches Recht" heißt es da auf der Broschüre und ich frage mich, das Recht worauf? Das ist Fernsehen, das mir auf's Auge gedrückt wird und wenn es bei den versprochenen Bildungsinhalten bleiben würde, hätte ich auch nichts dagegen. Aber es sind Rosamunde Pilcher und Volksmusik, es sind (noch) Thomas Gottschalk und seine Michelle, es sind Andy Borg und Florian Silbereisen, es ist der "Sturm der Liebe", der mir unangenehm entgegen weht, wenn ich die ersten beiden Tasten meiner Fernbedienung bemühe. Das ist keine Bildung. Das ist Blödung. Die Blödungsinitiative, sicher nicht politisch uninteressant. 

Habe ich doch der ARD und dem ZDF schon lange zum Abschied gewunken, so waren doch bis jetzt wenigstens einige Drittsender meine Rettung. Gepriesen sei der WDR für "Zimmer Frei!" und "Quarks&Co". Gelobt sei 3sat für die "Kulturzeit", für "nano" und für "neues"...oh. "neues"? Bitte was?

Ja, das wird wohl in ein paar Jahren die Frage sein, denn "neues" soll nun abgesetzt werden. Warum? Mangelndes Zuschauerinteresse. Ach, wie, Quoten sollten für Öffentlich-Rechtliche nicht der springende Punkt sein? Selbst wenn sie es wären, spätestens wenn es um den "neues" Podcast geht, wird diese Begründung ohnehin widerlegt, denn dieser Service wird oft und gern in Anspruch genommen.

Was das Ganze besonders traurig macht: Bei "neues" ist Nomen noch Omen. Wie keine andere Sendung beschäftigte man sich da mit Neuigkeiten aus der digitalen Welt, vom neuesten Computerspiel über Facebook hin zu den Berichterstattungen von Technik-Messen, dabei alles sehr erwachsen und seriös gehalten, dennoch immer fern von dröge und verstaubt. Jetzt heißt es zwar, dass andere Sendungen im "Gaming"-Genre nachrücken sollen, doch "neues" ist eben keine einfache "Gaming"-Sendung. Die Themenvielfalt ist viel größer, auch Diskussionen, Gespräche, die in den philosophischen Bereich führen, gehören zum Programm. Was ist das digitale Gedächtnis? Wie verändern uns Wikipedia, Wikileaks, Facebook, Youtube und die Blogosphäre? Warum spielen Menschen Farmville? Kann man überhaupt noch offline leben? Solche Fragen stellte "neues" und regte zum kritischen Reflektieren an. 

Eine so gute Sendung darf nicht aus dem Programm verschwinden! Wenn ihr das auch so seht, beteiligt euch an der Facebook- Kampagne Wir wollen 3sat neues zurück oder schreibt direkt an 3sat .

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass das Internet sich ein Mitspracherecht einräumen kann. 
Es lebe die Facebookratie!


Freitag, 18. März 2011

Wider die Kampfkasse!

Es gibt ja nun viele Dinge, die einem den Einkauf ein wenig zu Stresserlebnis machen können. Wir alle kennen diese eine kleine Omi, die in allen Supermärkten der Welt darauf bedacht zu sein scheint, uns ihren Einkaufswagen in den Rücken zu jagen, während wir Schlange stehen. Nur Gott weiß, welchem Einsatzkommando diese Dame entsprungen ist. Es ist auch selten angenehm, wenn das Sortiment unübersichtlich ist, die Preisettiketten fehlen und die Verkäufer davon sprinten, wenn man Fragen hat. Damit kann ich leben. Was ich mir aber partout nicht mehr gefallen lasse, ist die Kampfkassen-Hetze.

Profit hin oder her, ich bin der Kunde und zurzeit ist man da nicht König, sondern wenig. Nur der Moment, indem die EC Karte durch die Lesemaschine geratscht wird, ist für den Markt relevant, ich bin es nicht, denn, wem soll ich was vormachen, ich bin ja angewiesen auf die kleinen Preise. Märkte boykottieren ist daher auch gar nicht mein Anliegen, es soll jeder im Discount seines Vertrauens einkaufen, wie er lustig ist.

Aber lasst euch doch um Himmels Willen nicht hineinreißen in die Schlacht an der Kasse, welche nun, damit das Ganze noch mehr Freude macht, an ihrem Ende beschnitten wurde. Warum? Damit wir in unserer Angst, die Waren auf dem Boden wiederzufinden, noch schneller unsere Taschen packen und abhauen. Ich rege mich ja nicht allzu fix auf, aber diese Kassenbeschneidung ist so ziemlich das unhöflichste Werzeug, dass sich die Industrie ausgedacht hat und ich sage NEIN.

Mein kleiner Gegenschlag: Gähnende Langsamkeit. Jedes Produkt wird so umständlich und zeitraubend wie möglich in die Tasche befördert und abgerechnet wird zu Schluss. Bevor nicht alles da ist, wo es hin soll, schaut keine Ecke Geld aus meiner Brieftasche, um das Ganze zu bezahlen. Wichtig dabei ist auch Kommunikation (die wird ja mittlerweile auch von Kunden gern gemieden): "Ach, machen Sie doch mal langsamer, Sie werfen ja gleich alles auf den Boden. Moment, ich glaub ich hab das auch klein...ach, nein, doch nicht..." Die Kassierer beginnen dann schon langsam zu schwitzen und sie tun mir ja auch leid, denn in ihren Verträgen ist das kampfkassieren quasi verankert. Aber sie sollten sich ebenfalls zu Wehr setzen, denn wenn Schnelligkeit oberstes Gebot im Markt bleibt, dann gibt es ihren Job bald nicht mehr - Die Selbstscannerkasse wird den Kindesbeinen bald entwachsen sein und ist die nächste Frechheit, die ich nicht ertragen kann. Ich möchte an der Kasse Menschen begegnen, Menschen, die nicht mit meinen Waren herumschmeißen und panisch die PING-Laute ihrer Kasse zählen um sicher zu gehen, dass ihnen ihr Gehaltscheck erhalten bleibt.

Und wenn ihr demnächst vor mir an der Kasse steht, euer Kleingeld akribisch zählt und zur Langsamkeit mahnt, ich werde nicht drängeln. Euch gilt mein Applaus!

Wider die Kampfkasse!

Mittwoch, 2. März 2011

Hat Alexander Hartdegen ein funktionierendes Ökosystem zerstört?

Was mir unter der Dusche so zur "Time Machine*" einfällt...

Man kennt ihn - diesen Leerlauf im Kopf, der dazu da zu sein scheint, alte Situationen zu überdenken und neu zu bewerten, vorrangig aber um in gesehenen Filmen doch noch mal herumzuwühlen. Heute ging mir das mal wieder so: Man denkt sich nichts Böses, duscht so vor sich hin, trällert vielleicht auch ein Lied dabei und DANN DAS: Der Film "Time Machine" taucht vor meinem inneren Auge auf.

Die Handlung ist bekannt (Attention, es riecht nach Spoilerbraten): Das mathematisch/ physikalisch versierte Genie Alexander Hartdegen muss den tragischen Tod seiner Verlobten Emma beweinen und statt dies ausgiebig zu tun, erfindet er eine Zeitmaschine um das Geschehene (ihren Tod) rückgängig zu machen. Bald schon aber stellt er fest, dass sich die Vergangenheit nur unwesentlich verändern lässt und warum das so ist, will ihm nicht einleuchten. Also reist er in die Zukunft, die nach dem Auseinanderbrechen des Mondes und einer angedeuteten zweiten Eis-und ersten Wüstenzeit eine vollkommene Neuordnung mit sich bringt. Die Menschen der Gattung 1 haben nun eine gesunde Naturbräune und leben friedlich so vor sich hin, die Menschen der Gattung 2 haben sich Untertage weiterentwickelt und betrachten die Friedlebenden als regelmäßig einzunehmende Mahlzeit. Bei diesem großen Fressen werden sie von einem gedankenkontrollierenden Oberguru gesteuert, so dass die Nahrung nicht gierig aufgebraucht wird, sondern in Maßen auf den Teller kommt und immer schön nachwachsen kann. Sprich: Nur die Alten und die Widerspenstigen werden geholt.

Von diesem Mastermind bekommt der zeitreisende Alexander nun auch seine Antwort:

"Blödmann! Wenn Emma nicht stirbt, baust du keine Zeitmaschine! Wenn du keine Zeitmaschine baust, kannst du Emma nicht retten! Wenn du Emma nicht rettest, stirbt sie!"

"Ach, so!", sagt Alexander, "Klar, ein Paradoxon! Wie hell es strahlt über den Köpfen der Zuschauer und nur ICH habe es nicht gesehen! Gut! Dann verändere ich aber jetzt zum Trotz die Zukunft!"

Sprach's und tat's und erlöste die Friedlebenden der Gattung 1 vor den bösen Aufessern der Gattung 2, indem er seine Zeitmaschine hopps gehen ließ und damit die unterirdische Behausung der Widerlinge gleich mit. Happy End.

Oder?

Beim Duschdenken (lasst es uns so nennen, wenn man bei belanglosen Tätigkeiten vor sich hin überlegt) fiel es mir dann heute auf: Die guten Eloi (so nennen sich die schönen, friedlichen Menschen) sind doch auf diese neue Freiheit gar nicht vorbereitet. Bisher wurden alte Menschen von den Morlocks (so heißen die hässlichen Eloi-Fresser) beseitigt, nun bleiben sie dem Volk erhalten. Rente? Überbevölkerung? Kindertagesstätten? Brutto-Sozial-Produkt? Mehrwertsteuer? Kredite? Rendite? Pflegeheime?
Ach, du liebe Zeit!

Und dabei fanden die Eloi ihr vorheriges Los gar nicht so übel. Klar, vor den Morlocks rennt man weg, aber wenn sie einen haben, dann ist es halt so. Das eine ist nun mal der Tag, das andere die Nacht - so oder so ähnlich lautete eine der vielen Eloi-Philosophien. Und dann kommt Mr. Hartdegen, Mr. Know-it-all aus einen Jahrgang, in dem man noch Melonen trug und meint, er hätte da jetzt das bessere Verständnis für Moral und könnte da mal eben alles anders machen. Irgendwie schon dreist, oder?

Tja, da fragt man sich: Was ist denn nun besser? Ein System, das funktioniert, oder eines, in welchem fressen und gefressen werden nicht mehr auf der Tagesordnung stehen? Da schiele ich doch mit einem Auge auf die wachsende Weltbevölkerung (bald 7 Milliarden?) und wiege den Kopf hin und her. Hm, hm, hm.



[* gemeint ist das Remake von 2002 unter der Regie von Simon Wells]