Sonntag, 20. Januar 2008

Siehst du die Sonne nicht...?

(zuerst veröffentlicht im STVC Blog am 06.Dezember 2006)

Szenen eines Tages in München

Auf dem Viktualienmarkt ist der spontanste aller Flashmobs ausgebrochen; alle Passanten bedienen sich der selben Geste: Sie halten die Hand über ihre Augen, denn die tiefstehende “Winter”sonne macht es unmöglich, auch nur irgendetwas zu sehen. Umstehende Läden werden zur Freude der Besitzer von sonnensatten Menschen bevölkert.

Am MVV Verkaufsstand möchte ich gerne zwei Ein-Euro-Stücke in eine Zweiermünze tauschen, um im Unigebäude das Schließfach nutzen zu können. Der Verkäufer meint: “Die kann ich nicht wechseln, die brauch ich zum rausgeben.” Ich starre verwirrt auf meine Münzen, auf dass sie mir diese Logik näher bringen möchten, dann verstehe ich. “Was ist, wenn ich was kaufe?” frage ich. “Wenn Sie was kaufen, ist’s was anderes…” Mit einer Packung Mentos und einer adäquaten Münze verlasse ich den U-Bahn Tunnel und frage mich, ob der fehlende Schnee sich auf die vorweihnachtliche Stimmung schlägt.

An einer Parkleuchte klebt ein Zettel mit der Aufschrift: “Tiermedizin-Studentin passt auf ihren Hund auf” und ich muss lachen. Natürlich gebe ich meinen Hund einer TierMEDIZINstudentin. Natürlich.

Zwei alte Damen spazieren durch den Park und unterhalten sich lautstark. Eine meint: “Wenn ‘de todkrank bist, isses a nimma wichtig, ob de Geld hast!” Darüber denke ich eine Weile nach und komme zu dem Schluss: “Doch.”

Ein anderer Parkleuchtenaufkleber appelliert mit biblischer Anlehnung an die Hundebesitzer: “Guter Wille kann Häufchen versetzen.”

In der S-Bahn sitzen ein paar Mädchen hinter mir und unterhalten sich in einem für Mädchen als typisch erachteten Tonfall. Mit einem Buch kann ich dem zwanghaften Lauschen entgehen, bis eines der Mädchen über eine Freundin herzieht, die sich ‘ritzt’: “Erst hab ich ihr den Zirkel weg genommen, dann diese Schraube, weisst schon, die sie da immer benutzt hat, dann hatse sich aufgeregt, was das soll, ist doch ihr Leben, kann mir ja egal sein, da hab ich’s ihr wieder gegeben, hab gesagt, mach doch was du denkst, jetzt kommtse immer an, erzählt mir, dasse sich geritzt hat, und das die Tanja sich auch geritzt hat - aber als ich Fußball angefangen hab, hatse gemeint, du musst nicht Fussball spielen, nur weil die Tanya Fußball spielt! Und dann erzählt sie mir’s immer, so ja, hab mich geritzt, da sag ich dann immer ja, schön, ja toll, regt sie sich auch wieder auf, warum interessiert dich das nicht, was ich mach? Weißte? Zu Weihnachten schenk ich ihr drei schöne Nadeln oder’n Skalpell, mein Vater hat gemeint, ich soll ihr ein Skalpell schenken…”

Nachdem Verlassen der S-Bahn zünde ich mir im strömenden Regen eine Zigarette an und ein Ohrwurm klebt in meinem Kopf: “Siehst du die Sonne nicht, über dir…”

I love Mohnbrötchenwerbung

(zuerst veröffentlicht im STVC Blog am 23.Januar 2007)

Manche Werbungen sind so herrlich blöd, dass ich sie am liebsten für die Nachwelt aufzeichnen möchte.
Eine meiner Lieblingswerbungen ist die mit den zwei älteren Damen, von denen sich die Eine doch glatt weigert, die heißgeliebten Mohnbrötchen, die ihr angeboten wurden, anzunehmen. Begründung: “Ich hab da was am Zahnfleisch!” Und dann kommt mein Lieblingspart! Die andere Dame, wahrscheinlich ausgebildete Super-Zahnfleisch-Expertin mit Mohnbrötchendiplom wirft beim Sprechakt ihrer Freundin nur einen kurzen Blick auf deren Zähne, erkennt rasch alle speziellen Symptome dieser Zahnfleischentzündung, erstellt eben so schnell eine Diagnose und kann somit fachmännisch beurteilen: “Hat ich neulich auch! Aber ich hab’s weg gekriegt mit…” (Hier versagt schon mal der ganze Sinn der Sendung, denn ich kann mir das Wundermittel partout nicht merken). Woah! Wozu noch Ärzte aufsuchen, wenn die Freunde des Semmel-Mohns schon genau Bescheid wissen! Aber schon der entsetzte Ausruf am Anfang des Spots “Ich dachte du liiiiieeeebst Mohnbrötchen!” lässt mich ja mißtrauisch werden. Warum ist das so eine große Sache? Meine Theorie: Dieser harmlose Werbespot ist eine geschickt getarnte Agentengeschichte. Da will doch tatsächlich die eine Agentin die andere mit einem Mohnbrötchen vergiften! Aber die, nicht blöd, checkt die Sachlage und täuscht Zahnprobleme vor. Das kann Agentin Nummer eins nicht gelten lassen und preist ein Wundermittel an - damit die Alte sich doch noch das Brötchen in die Frete schiebt. FIES! Und verdammt, wie geht es weiter? Muss das sein, dass die spannende Werbung ständig vom Spielfilm unterbrochen wird? Und hat irgendjemand Litwinenko vielleicht vor seinem Tod den Satz: “Ich dachte du liiiiieeeebst Sushi?” unterbreitet?
Ein anderer Liebling von mir ist eine Putzmittelwerbung (und schon wieder versagt das Konzept, wie heisst die Reinigungsbrühe???). Eine Weltklasse-Mama beginnt den Spot mit der sinngemäßen Aussage: “Woah, meine Kinner sind das Letzte, die sauen mir das ganze Haus ein, Ferkel sind das, FERKEL!” Und dann sausen die beliebten Fleckenmuster in das zu disem Zweck viergeteilte Bild und eine Männerstimme die wir alle heiraten wollen, wenn wir ehrlich sind, kommentiert: “Schmutz, Kaffee, Rotwein…” Entschuldigung? Deine Kinder sind Ferkel? Ja, klar, gestern erst, als die kleine Lisa, 8 Jahre alt, mal wieder unvorsichtig mit ihrer täglichen Flasche Rotwein war und diese komplett auf dem hellen Teppich entleert hat. Und ihr Bruder, der dumme Hannes, gerade mal 3 Jahre, hat schon wieder seinen Kaffee über den ganzen Flur gekotzt. Da würd ich auch die Meise bekommen und zum nächstbesten Ätzmittel greifen. Kinder! Schlimm! Und hey, Fräulein: Echt clever, dass du mit deinen 500 Kindern und dem Hund, der sich nie die Füße auf der Matte abstreift, auf einen HELLEN TEPPICH bestanden hast! Manchmal muss man eben Prioritäten setzen, nicht wahr?
Oh, ja, ich liebe Werbung. Sie kann mir gar nicht dumm genug sein.

Weitergeleitetes Leid

(zuerst veröffentlicht im Blog des STVC am 07.Februar 2007)

Von Mails, die ich meinem ärgsten Feind nicht schicken würde…

Da nun auch schon das StudiVZ (eigentlich eine Plattform zum wiederfinden alter Schulkameraden und Bündnis schließen mit anderen Studenten) zum Versenden gewisser Nachrichten missbraucht wird, erfolgt hier nun mal eine Übersicht über die Arten von Mails, deren Existenz ich gerne ausrotten würde.
1. Kategorie: “Schick-das-weiter-oder-STIRB”Was soll das? Warum schickt mir jeder, der mich in seinem Adressbuch stehen hat, diese Mails? Und wer denkt sich das aus? Es reicht von “10 Jahre Pech in der Liebe” bis zur halben Todesprophezeiung, was einem in diesen Kettenmails angedroht wird, sollte man sie nicht an mindestens 15 Leute weiterschicken. Da tun einem ja schon die Menschen leid, die gar nicht so viele Menschen kennen - da haben die armen Säcke schon fast keine Freunde und dann gehen sie deswegen noch drauf! Die hätten ja nicht mal die Möglichkeit, diesen Flüchen zu entkommen. Im Ernst, warum sollte ich das weiterschicken, noch dazu an meine Freunde? Denen wünscht man in der Regel kein Pech (jedenfalls nicht außerhalb der selbstgebastelten Normen für Gerechtigkeit in der Welt).Löschen!
2. Kategorie: “Ist das nicht ent-supi-niedlich?”Es ist in Ordnung, wenn du Diddl-Mäuse liebst. Es ist vollkommen legal, einen Teddy im Bett liegen zu haben. Ich werde niemals darüber spotten, wenn jemand Glücksbringer-Kuscheltiere zu Prüfungen mitbringt. Aber Mails, die schon im Betreff-Text Anmerkungen wie “Eine schöne Geschichte” stehen haben - das ist eindeutig ein Auslöser für diesen Brechreiz, der mich dann und wann überkommt. Erstens sind diese Wahnsinnsgeschichten, Gedichte und Plüsch-Power-Point-Präsentationen einem schon so bekannt, dass es weh tut, zweitens: Wenn mich ganz plötzlich das Gefühl überkommt, ich müsste jetzt 53 Steiff-Teddys anschauen, dann kann ich “Steiff-Teddy” in der Suchmaschine meines Vertrauens eingeben und habe, was ich brauche. In der Regel interessieren mich schöne Geschichten nur, wenn sie der Absender selbst erlebt hat. Ansonsten weckt mich, wenn der Weltfriede da ist.Löschen!
3. Kategorie: “Wer-das-nicht-weiterschickt-hat-mein-Kind-getötet”Wie abartig gestrickt muss jemand sein, um so mit dem Mitleid der Menschen zu spielen? So, AOL zahlt euch 50 Cent für jede Mail, die weitergesendet wird, damit der arme Fridolin ein neues Herz, eine neue Lunge, ein neues Leben bekommt? Aber Kontakte zum Direktspenden gebt ihr nicht an. Hat AOL sicher verboten, hm? Oder: Ihr wollt mich total veräppeln. Und ich tippe da auf Möglichkeit 2. Das wirklich fiese an diesen Mails ist, dass man tatsächlich ein schlechtes Gewissen bekommt, wenn man sie nicht weiterschickt, a la “Und wenn’s nun doch stimmt?” Und wenn tatsächlich mal ein Hilfegesuch reinschneit und jemand nach einer passenden Blutgruppe sucht, dann denkt sich der abgebrühte Kettenmailempfänger: “Alles klar, und den Weihnachtsmann gibt es wirklich.” , nur weil man zuvor diese ganze Rotze geschickt bekommen hat. Ich bitte euch alle: Spendet richtig oder lasst es.Löschen!
4.Kategorie: “Das-funktioniert-äääääscht-Spiel”Man kann nur mit dem Kopf schütteln. Schreibe so und so viele Zahlen auf, schreibe so und so viele Namen dahinter, bla bla blubb und hast du nicht gesehen, dort und da steht der Name von dem, den du lüüübst! Na, ach, nee. Als wenn dem normal tickenden Menschen nicht auf Anhieb die Leute einfallen würden, die ihm am nächsten stehen. Die kleinen Spielchen versuchen noch, einen zu verwirren, indem sie einen erst was hinter die 3 schreiben lassen, dann hinter die 5 und so weiter und sofort. Ja, bin ich denn knacksig im Kopf, dass ich das nicht merken soll? War irgendwo ein Hinweis “Bitte nur mit einem IQ über 5 mitspielen!”, den ich überlesen habe? Und dann die alte Leier: schick das weiter, sonst beisst dich ein siebenköpfiges Malzbier genau in die Achselhöhe. Und wenn du’s weiterschickst, dann geht dein Wunsch in Erfüllung! Oh, wenn das so ist: Einmal fest “Weltherrschaft” denken und ab dafür!Löschen!
Früher hat es die Abergläubigen wenigstens noch Zeit und Geld gekostet, die vielen Briefe abzuschicken - jetzt geht der Wahnsinn per Mausklick in die Welt.
Wer jetzt das Gefühl hat, er müsste diesen Text jemandem in die Mailbox stopfen, der tue sich keinen Zwang an.Angemerkt sei nur: Heute wird hier niemand sterben, weil er es nicht tut.

Andromedas Briefe - Buchrezension

(zuerst veröffentlicht im Blog des STVC am 31.März 2007)

Adrian Plass - Andromedas Briefe

Andromeda Veal ist ein kleines Mädchen (fast 8, wie sie gerne betont). Bei dem Versuch, gleichzeitig die Rollschuhe von den Füßen und Müsli in den Mund zu bekommen, bricht sie sich den Schenkel und muss ins Krankenhaus. Da ihre Mutter, eine Feministin wie sie im Buche steht, nicht bleiben kann und ihr Vater nicht einmal weiß, dass sie im Krankenhaus ist, langweilt sich die kleine Andy fast zu Tode. Doch zum Glück gibt es da die Familie Plass - bei dieser war Andromeda schon einmal zu Besuch und als die Plassens vom Schicksal der kleinen Frau Veal erfahren, motivieren sie die gesamte Kirchgemeinde zum Briefwechsel. Von nun an erhält Andy Pandy eine Menge skurriler Texte.
Da wäre zum einen Adrian Plass’ Sohn Gerald, der Andromeda Veal eine Weile mit der Frage beschäftigt, für welchen Namen man das Anagramm “Love and a dream” zusammenstellen kann. (Anagramm = Umstellung der Buchstaben zu neuen Wörtern)
Charles von der “Bibelschule Tiefe Freunde” verwirrt das Mädchen mit seinen Gratulationen: “Welch Glück! Auszugleiten und dergestalt den Boden zu berühren, daß die Folge eine ernsthafte Verletzung ist, die nach einer langen Periode intensiver professioneller Pflege verlangt! Was könnte willkomener sein?” Für diese Zeilen kann sich Andromeda dann aber rächen, als Charles sich bei einem Besuch den Zeh anstößt: “Oh! Eine C anzustoßen!Welches Glück! Welch überflüssige Freude, einen affengailen Schmerz im Fuß zu haben!” (Mit acht Jahren haut’s bei Andy mit der Rechtschreibung noch nicht immer so hin)
Die etwas engstirnige Mrs.Flushpool weigert sich, das Mädchen beim Namen zu nennen, weil sie okkulte Hintergründe vermutet: “Haben dein Vater und deine Mutter etwa in den finsteren Wasserstrudeln der Esoterik herumgeplanscht?”
Aber auch Andromeda’s eigene Briefe sind nicht ganz ohne. Dem Papst schreibt sie, dass sie es nicht fair findet, wenn ungetaufte Babys “for der Himmels-Forte Limbo tanzen” müssen und anstatt “mit Liebe” schreibt sie “Logische Bindungen” oder “Nohtschlachtungsfoll” in ihre Signatur. Außerdem borgt sie sich Geralds “persönliches Problem” aus - seinen Walkman.
Letztendlich wendet sich die kleine Veal mit ihren Fragen (Wer Gott gemacht hat, wo der Himmel ist und ab sie bald Schokolade bekommt) ganz nach oben - und schreibt einen Brief an Gott.
Fazit: Adrian Plass müsste eigentlich seine eigene Sparte bekommen: “Liebevolles Blödeln mit Religion”. Wie auch in seinen anderen Büchern werden die Macken der Christen ordentlich auf die Schippe genommen und dennoch versteckt sich immer ein kleiner spiritueller Ratgeber darin, der einem sagt: Komm, sei nicht so! Auch Gott hat Humor!Für mich genau das Richtige - ich hab mich schief gelacht.

Liebe Feministinnen...

Männer sind doof und wir Frauen sind nicht doof, so weit so gut, den Kernpunkt des Feministendaseins hab ich so weit begriffen. Aber liebe Damen! Und auch Herren, da will ich mal kein Sexist sein. Warum hagelts eigentlich keine Drohbriefe, wenn's so richtig gegen den weiblichen Verstand geht?

Bitte richten Sie ihr Augenmerk auf die durchschnittliche hausfrauenorientierte Werbung.
Nein! Mein Problem ist jetzt nicht, dass da immer nur Frauen das neue Superputzwerkzeug präsentieren, das dürfen die ruhig machen (auch eine Entscheidung FÜR das Hausfrauenleben kann feministisch sein). Mir geht es um Folgendes: "Kennen Sie das auch? Mühsames Schrubben, man kommt nicht in die Ecken, etc. etc.." Und dann sieht man sie - die dümmsten Frauen der Welt. Nicht in der Lage einen Staubsauger die Treppe hoch zu transportieren, unfähig ihren Mop so zu drehen, dass auch Ecken ausgewischt werden können (statt dessen hackt sie wie eine Besessene immer wieder quer dagegen, als ob sich die Ecke gerade beigen lassen könnte, wenn man es nur lange genug versucht) und kaum in der Lage, ihren Kindern beizubringen, dass man mit dem Hund aus der Schlammgrube nicht auf dem eierschalfarbenen Teppich zu spielen hat. Zum Glück hat man aber genügend Zaubermittel und neuartige Schrubb-Utensilien entwickelt um diesen vollkommen verblödeten Mädels zu helfen.
ENTSCHULDIGUNG? Was ist denn die Botschaft hier, wenn man mal genau darüber nachdenkt? Korrekt formuliert: "Liebe Frauen, ihr seid auch zum Putzen zu dumm, also kauft unsere Produkte und lasst uns das richtig machen."

Vielleicht lieg ich falsch, aber man könnte sich mal über solche Faxen beschweren anstatt immer nur den Kerls auf den Schlips zu treten.
Wenn's einen interessiert.
Nur dann, natürlich.

Habe die Ehre,
Teresa ohne h