Dienstag, 29. März 2011

Schon GEZeigt bekommen, wer hier das sagen hat?

3sat "neues" darf nicht abgesetzt werden.

Das Fernsehen. Es ist ein alter Freund von mir. Ich gebe zu, könnte man das Fernsehen heiraten, ich hätte es schon ein paar mal getan. Aber es ist ja nun immer so in jenen langjährigen Beziehungen: Nicht alles wird besser, nicht alles wird gut. Manchmal wird es bitterböse und enttäuschend. Ja, ich muss zugeben, das Fernsehen und ich, wir verstehen uns nicht mehr so gut. Vielleicht, weil ich zu oft mit den Mediatheken fremd gegangen bin, aber diese Affären waren doch schon eher Symptom als Ursache des Ganzen. 

Es waren Kleinigkeiten, mit denen es begann. Ein paar gute Sendungen verschwanden, ein paar schlechte rückten nach, ein paar sehr schlechte blieben bestehen. Wenn ich gerade Lust auf gute Filme hatte, dann wollte das Fernsehen gerade nicht und wenn das Fernsehen gerade gute Filme bringen wollte, dann schlief ich schon und ließ mich nicht mehr wecken. 

Im Ernst, meine Damen und Herren, was ist da los? Wer schaut den Menschen beim Restaurant aufpäppeln zu? Wer freut sich über Eltern, die ihre Kinder auf die Straße setzen? Wer adaptiert die Stille Treppe der "Nanny" und wer glaubt ernsthaft, dass eine Sendung einem hilft, aus der Hartz IV Krise zu kommen? Und obwohl mir schon darüber alle Haare ausfallen wollen, dann muss ich doch sagen, meinetwegen, das sind Privatsender. Und die eine oder andere Sendung, obwohl Effekte heischend, ist wenigstens noch gut gemacht. 

Öffentlich-Rechtlich, so heißt mein Sorgenkind, denn dafür wird bezahlt in Deutschland. "Ihr gutes öffentliches Recht" heißt es da auf der Broschüre und ich frage mich, das Recht worauf? Das ist Fernsehen, das mir auf's Auge gedrückt wird und wenn es bei den versprochenen Bildungsinhalten bleiben würde, hätte ich auch nichts dagegen. Aber es sind Rosamunde Pilcher und Volksmusik, es sind (noch) Thomas Gottschalk und seine Michelle, es sind Andy Borg und Florian Silbereisen, es ist der "Sturm der Liebe", der mir unangenehm entgegen weht, wenn ich die ersten beiden Tasten meiner Fernbedienung bemühe. Das ist keine Bildung. Das ist Blödung. Die Blödungsinitiative, sicher nicht politisch uninteressant. 

Habe ich doch der ARD und dem ZDF schon lange zum Abschied gewunken, so waren doch bis jetzt wenigstens einige Drittsender meine Rettung. Gepriesen sei der WDR für "Zimmer Frei!" und "Quarks&Co". Gelobt sei 3sat für die "Kulturzeit", für "nano" und für "neues"...oh. "neues"? Bitte was?

Ja, das wird wohl in ein paar Jahren die Frage sein, denn "neues" soll nun abgesetzt werden. Warum? Mangelndes Zuschauerinteresse. Ach, wie, Quoten sollten für Öffentlich-Rechtliche nicht der springende Punkt sein? Selbst wenn sie es wären, spätestens wenn es um den "neues" Podcast geht, wird diese Begründung ohnehin widerlegt, denn dieser Service wird oft und gern in Anspruch genommen.

Was das Ganze besonders traurig macht: Bei "neues" ist Nomen noch Omen. Wie keine andere Sendung beschäftigte man sich da mit Neuigkeiten aus der digitalen Welt, vom neuesten Computerspiel über Facebook hin zu den Berichterstattungen von Technik-Messen, dabei alles sehr erwachsen und seriös gehalten, dennoch immer fern von dröge und verstaubt. Jetzt heißt es zwar, dass andere Sendungen im "Gaming"-Genre nachrücken sollen, doch "neues" ist eben keine einfache "Gaming"-Sendung. Die Themenvielfalt ist viel größer, auch Diskussionen, Gespräche, die in den philosophischen Bereich führen, gehören zum Programm. Was ist das digitale Gedächtnis? Wie verändern uns Wikipedia, Wikileaks, Facebook, Youtube und die Blogosphäre? Warum spielen Menschen Farmville? Kann man überhaupt noch offline leben? Solche Fragen stellte "neues" und regte zum kritischen Reflektieren an. 

Eine so gute Sendung darf nicht aus dem Programm verschwinden! Wenn ihr das auch so seht, beteiligt euch an der Facebook- Kampagne Wir wollen 3sat neues zurück oder schreibt direkt an 3sat .

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass das Internet sich ein Mitspracherecht einräumen kann. 
Es lebe die Facebookratie!


Freitag, 18. März 2011

Wider die Kampfkasse!

Es gibt ja nun viele Dinge, die einem den Einkauf ein wenig zu Stresserlebnis machen können. Wir alle kennen diese eine kleine Omi, die in allen Supermärkten der Welt darauf bedacht zu sein scheint, uns ihren Einkaufswagen in den Rücken zu jagen, während wir Schlange stehen. Nur Gott weiß, welchem Einsatzkommando diese Dame entsprungen ist. Es ist auch selten angenehm, wenn das Sortiment unübersichtlich ist, die Preisettiketten fehlen und die Verkäufer davon sprinten, wenn man Fragen hat. Damit kann ich leben. Was ich mir aber partout nicht mehr gefallen lasse, ist die Kampfkassen-Hetze.

Profit hin oder her, ich bin der Kunde und zurzeit ist man da nicht König, sondern wenig. Nur der Moment, indem die EC Karte durch die Lesemaschine geratscht wird, ist für den Markt relevant, ich bin es nicht, denn, wem soll ich was vormachen, ich bin ja angewiesen auf die kleinen Preise. Märkte boykottieren ist daher auch gar nicht mein Anliegen, es soll jeder im Discount seines Vertrauens einkaufen, wie er lustig ist.

Aber lasst euch doch um Himmels Willen nicht hineinreißen in die Schlacht an der Kasse, welche nun, damit das Ganze noch mehr Freude macht, an ihrem Ende beschnitten wurde. Warum? Damit wir in unserer Angst, die Waren auf dem Boden wiederzufinden, noch schneller unsere Taschen packen und abhauen. Ich rege mich ja nicht allzu fix auf, aber diese Kassenbeschneidung ist so ziemlich das unhöflichste Werzeug, dass sich die Industrie ausgedacht hat und ich sage NEIN.

Mein kleiner Gegenschlag: Gähnende Langsamkeit. Jedes Produkt wird so umständlich und zeitraubend wie möglich in die Tasche befördert und abgerechnet wird zu Schluss. Bevor nicht alles da ist, wo es hin soll, schaut keine Ecke Geld aus meiner Brieftasche, um das Ganze zu bezahlen. Wichtig dabei ist auch Kommunikation (die wird ja mittlerweile auch von Kunden gern gemieden): "Ach, machen Sie doch mal langsamer, Sie werfen ja gleich alles auf den Boden. Moment, ich glaub ich hab das auch klein...ach, nein, doch nicht..." Die Kassierer beginnen dann schon langsam zu schwitzen und sie tun mir ja auch leid, denn in ihren Verträgen ist das kampfkassieren quasi verankert. Aber sie sollten sich ebenfalls zu Wehr setzen, denn wenn Schnelligkeit oberstes Gebot im Markt bleibt, dann gibt es ihren Job bald nicht mehr - Die Selbstscannerkasse wird den Kindesbeinen bald entwachsen sein und ist die nächste Frechheit, die ich nicht ertragen kann. Ich möchte an der Kasse Menschen begegnen, Menschen, die nicht mit meinen Waren herumschmeißen und panisch die PING-Laute ihrer Kasse zählen um sicher zu gehen, dass ihnen ihr Gehaltscheck erhalten bleibt.

Und wenn ihr demnächst vor mir an der Kasse steht, euer Kleingeld akribisch zählt und zur Langsamkeit mahnt, ich werde nicht drängeln. Euch gilt mein Applaus!

Wider die Kampfkasse!

Mittwoch, 2. März 2011

Hat Alexander Hartdegen ein funktionierendes Ökosystem zerstört?

Was mir unter der Dusche so zur "Time Machine*" einfällt...

Man kennt ihn - diesen Leerlauf im Kopf, der dazu da zu sein scheint, alte Situationen zu überdenken und neu zu bewerten, vorrangig aber um in gesehenen Filmen doch noch mal herumzuwühlen. Heute ging mir das mal wieder so: Man denkt sich nichts Böses, duscht so vor sich hin, trällert vielleicht auch ein Lied dabei und DANN DAS: Der Film "Time Machine" taucht vor meinem inneren Auge auf.

Die Handlung ist bekannt (Attention, es riecht nach Spoilerbraten): Das mathematisch/ physikalisch versierte Genie Alexander Hartdegen muss den tragischen Tod seiner Verlobten Emma beweinen und statt dies ausgiebig zu tun, erfindet er eine Zeitmaschine um das Geschehene (ihren Tod) rückgängig zu machen. Bald schon aber stellt er fest, dass sich die Vergangenheit nur unwesentlich verändern lässt und warum das so ist, will ihm nicht einleuchten. Also reist er in die Zukunft, die nach dem Auseinanderbrechen des Mondes und einer angedeuteten zweiten Eis-und ersten Wüstenzeit eine vollkommene Neuordnung mit sich bringt. Die Menschen der Gattung 1 haben nun eine gesunde Naturbräune und leben friedlich so vor sich hin, die Menschen der Gattung 2 haben sich Untertage weiterentwickelt und betrachten die Friedlebenden als regelmäßig einzunehmende Mahlzeit. Bei diesem großen Fressen werden sie von einem gedankenkontrollierenden Oberguru gesteuert, so dass die Nahrung nicht gierig aufgebraucht wird, sondern in Maßen auf den Teller kommt und immer schön nachwachsen kann. Sprich: Nur die Alten und die Widerspenstigen werden geholt.

Von diesem Mastermind bekommt der zeitreisende Alexander nun auch seine Antwort:

"Blödmann! Wenn Emma nicht stirbt, baust du keine Zeitmaschine! Wenn du keine Zeitmaschine baust, kannst du Emma nicht retten! Wenn du Emma nicht rettest, stirbt sie!"

"Ach, so!", sagt Alexander, "Klar, ein Paradoxon! Wie hell es strahlt über den Köpfen der Zuschauer und nur ICH habe es nicht gesehen! Gut! Dann verändere ich aber jetzt zum Trotz die Zukunft!"

Sprach's und tat's und erlöste die Friedlebenden der Gattung 1 vor den bösen Aufessern der Gattung 2, indem er seine Zeitmaschine hopps gehen ließ und damit die unterirdische Behausung der Widerlinge gleich mit. Happy End.

Oder?

Beim Duschdenken (lasst es uns so nennen, wenn man bei belanglosen Tätigkeiten vor sich hin überlegt) fiel es mir dann heute auf: Die guten Eloi (so nennen sich die schönen, friedlichen Menschen) sind doch auf diese neue Freiheit gar nicht vorbereitet. Bisher wurden alte Menschen von den Morlocks (so heißen die hässlichen Eloi-Fresser) beseitigt, nun bleiben sie dem Volk erhalten. Rente? Überbevölkerung? Kindertagesstätten? Brutto-Sozial-Produkt? Mehrwertsteuer? Kredite? Rendite? Pflegeheime?
Ach, du liebe Zeit!

Und dabei fanden die Eloi ihr vorheriges Los gar nicht so übel. Klar, vor den Morlocks rennt man weg, aber wenn sie einen haben, dann ist es halt so. Das eine ist nun mal der Tag, das andere die Nacht - so oder so ähnlich lautete eine der vielen Eloi-Philosophien. Und dann kommt Mr. Hartdegen, Mr. Know-it-all aus einen Jahrgang, in dem man noch Melonen trug und meint, er hätte da jetzt das bessere Verständnis für Moral und könnte da mal eben alles anders machen. Irgendwie schon dreist, oder?

Tja, da fragt man sich: Was ist denn nun besser? Ein System, das funktioniert, oder eines, in welchem fressen und gefressen werden nicht mehr auf der Tagesordnung stehen? Da schiele ich doch mit einem Auge auf die wachsende Weltbevölkerung (bald 7 Milliarden?) und wiege den Kopf hin und her. Hm, hm, hm.



[* gemeint ist das Remake von 2002 unter der Regie von Simon Wells]

Sonntag, 23. November 2008

Sommer

(veröffentlicht im Studienfahrtbegleitheft des Collegium Oecumenicum im April 2008)
Unten am Gartentor sitzt das ewige Kind, die Hand im tauenden Schnee und denkt: "Es wird Sommer werden. Und was für ein Sommer wird es sein, so ein Sommer, wie es ihn gar nicht wirklich gibt. Er wird so ganz im Detail sein, so ganz in der Luft, die dann nach warmer Erde und den gemähten Wiesen duftet, dass man tanzen mag, so bald man sie geatmet hat. Die Sonne wird ganz warm hernieder scheinen und uns am ersten Sommertag die Haut ein wenig röten, nur ganz leicht und schon am nächsten Tag wird sie uns bräunen. Wir werden Marienkäfer von den Grashalmen aufsammeln, damit sie auf unseren Händen einen Spaziergang machen während wir in den Gärten sitzen und ganz fern sind von allem, was nicht Sommer ist. Die Zeit wird sich ganz angenehm dehnen wie Katzen vor dem warmen Ofen. Wenn das Taglicht glühend den Zenit erreicht, werden wir uns im Schatten der Bäume verstecken und den Flüssen zusehen, auf denen die Jungen Bork - und Korkschiffen niedersetzen um ihnen dann johlend am Ufer nachzulaufen. Die langen Tage werden uns schließlich ganz verrückt machen, so dass wir ebenso verrückte Pläne schmieden und beschließen, weit weg zu fahren, nach Spanien vielleicht, weil wir immer noch denken, dass da der Sommer geboren wurde und für immer und ewig weitergeht. Und dann sitzen wir alle in einem dieser VW Busse, wie es sie sicher schon lang nicht mehr gibt und vielleicht auch nie gegeben hat und es wird wie im Film sein, ganz genau so. Wir werden uns oft verfahren und die seltsamsten Menschen treffen, Menschen mit den unglaublichsten Spinnereien und Geschichten. Sie werden uns erzählen, sie hätten den Mond gekauft und Algebra erfunden und wir werden nicken und jaja sagen, während wir Wein aus dem Karton trinken und Pfeife rauchen. Wir werden ein Lagerfeuer haben, wie man es in so einem Sommer nun mal hat und im Film sowieso, denn ganz genau wie im Film muss es sein. Deshalb werden wir uns auch ganz furchtbar streiten und dann wieder versöhnen. Am Ende schaffen wir es dann doch nicht nach Spanien, aber das macht nichts, denn bis dahin hat uns der Sommer schon in die Menschen verwandelt, die wir schon immer gern sein wollten. So ein Sommer wird es werden. So ein Sommer, der einen wachsen lässt, vielleicht nicht aus uns heraus, weil das ja seltsam wäre, viel mehr in uns hinein, was viel sinnvoller ist, denn ist das Leben nicht irgendwie wie ein Schuh, der einem am Anfang etliche Nummern zu groß ist? Es wird dieser eine Sommer sein, den man sich jedes mal wünscht, wenn es Winter ist, der Sommer, auf den man immer wieder gerne hinhofft. Man ist auch gar nicht traurig, wenn er nicht kommt, denn darum geht es nicht.
Es wird so ein Sommer sein, bei dem man bei offenem Fenster ganz wunderbar schläft, oder auf der Fensterbank sitzend den Menschen beim Lachen zuhört, wenn sie den Abend feiern, oder, wenn man Pech hat, den Mücken mit dem Pantoffel nachjagt. 
„Was für ein unübertrefflicher Sommer das sein wird!", freut sich das ewige Kind mit dem tauenden Schnee in der Hand, "Ein Sommer unter Freunden." 

Sonntag, 20. Januar 2008

Siehst du die Sonne nicht...?

(zuerst veröffentlicht im STVC Blog am 06.Dezember 2006)

Szenen eines Tages in München

Auf dem Viktualienmarkt ist der spontanste aller Flashmobs ausgebrochen; alle Passanten bedienen sich der selben Geste: Sie halten die Hand über ihre Augen, denn die tiefstehende “Winter”sonne macht es unmöglich, auch nur irgendetwas zu sehen. Umstehende Läden werden zur Freude der Besitzer von sonnensatten Menschen bevölkert.

Am MVV Verkaufsstand möchte ich gerne zwei Ein-Euro-Stücke in eine Zweiermünze tauschen, um im Unigebäude das Schließfach nutzen zu können. Der Verkäufer meint: “Die kann ich nicht wechseln, die brauch ich zum rausgeben.” Ich starre verwirrt auf meine Münzen, auf dass sie mir diese Logik näher bringen möchten, dann verstehe ich. “Was ist, wenn ich was kaufe?” frage ich. “Wenn Sie was kaufen, ist’s was anderes…” Mit einer Packung Mentos und einer adäquaten Münze verlasse ich den U-Bahn Tunnel und frage mich, ob der fehlende Schnee sich auf die vorweihnachtliche Stimmung schlägt.

An einer Parkleuchte klebt ein Zettel mit der Aufschrift: “Tiermedizin-Studentin passt auf ihren Hund auf” und ich muss lachen. Natürlich gebe ich meinen Hund einer TierMEDIZINstudentin. Natürlich.

Zwei alte Damen spazieren durch den Park und unterhalten sich lautstark. Eine meint: “Wenn ‘de todkrank bist, isses a nimma wichtig, ob de Geld hast!” Darüber denke ich eine Weile nach und komme zu dem Schluss: “Doch.”

Ein anderer Parkleuchtenaufkleber appelliert mit biblischer Anlehnung an die Hundebesitzer: “Guter Wille kann Häufchen versetzen.”

In der S-Bahn sitzen ein paar Mädchen hinter mir und unterhalten sich in einem für Mädchen als typisch erachteten Tonfall. Mit einem Buch kann ich dem zwanghaften Lauschen entgehen, bis eines der Mädchen über eine Freundin herzieht, die sich ‘ritzt’: “Erst hab ich ihr den Zirkel weg genommen, dann diese Schraube, weisst schon, die sie da immer benutzt hat, dann hatse sich aufgeregt, was das soll, ist doch ihr Leben, kann mir ja egal sein, da hab ich’s ihr wieder gegeben, hab gesagt, mach doch was du denkst, jetzt kommtse immer an, erzählt mir, dasse sich geritzt hat, und das die Tanja sich auch geritzt hat - aber als ich Fußball angefangen hab, hatse gemeint, du musst nicht Fussball spielen, nur weil die Tanya Fußball spielt! Und dann erzählt sie mir’s immer, so ja, hab mich geritzt, da sag ich dann immer ja, schön, ja toll, regt sie sich auch wieder auf, warum interessiert dich das nicht, was ich mach? Weißte? Zu Weihnachten schenk ich ihr drei schöne Nadeln oder’n Skalpell, mein Vater hat gemeint, ich soll ihr ein Skalpell schenken…”

Nachdem Verlassen der S-Bahn zünde ich mir im strömenden Regen eine Zigarette an und ein Ohrwurm klebt in meinem Kopf: “Siehst du die Sonne nicht, über dir…”

I love Mohnbrötchenwerbung

(zuerst veröffentlicht im STVC Blog am 23.Januar 2007)

Manche Werbungen sind so herrlich blöd, dass ich sie am liebsten für die Nachwelt aufzeichnen möchte.
Eine meiner Lieblingswerbungen ist die mit den zwei älteren Damen, von denen sich die Eine doch glatt weigert, die heißgeliebten Mohnbrötchen, die ihr angeboten wurden, anzunehmen. Begründung: “Ich hab da was am Zahnfleisch!” Und dann kommt mein Lieblingspart! Die andere Dame, wahrscheinlich ausgebildete Super-Zahnfleisch-Expertin mit Mohnbrötchendiplom wirft beim Sprechakt ihrer Freundin nur einen kurzen Blick auf deren Zähne, erkennt rasch alle speziellen Symptome dieser Zahnfleischentzündung, erstellt eben so schnell eine Diagnose und kann somit fachmännisch beurteilen: “Hat ich neulich auch! Aber ich hab’s weg gekriegt mit…” (Hier versagt schon mal der ganze Sinn der Sendung, denn ich kann mir das Wundermittel partout nicht merken). Woah! Wozu noch Ärzte aufsuchen, wenn die Freunde des Semmel-Mohns schon genau Bescheid wissen! Aber schon der entsetzte Ausruf am Anfang des Spots “Ich dachte du liiiiieeeebst Mohnbrötchen!” lässt mich ja mißtrauisch werden. Warum ist das so eine große Sache? Meine Theorie: Dieser harmlose Werbespot ist eine geschickt getarnte Agentengeschichte. Da will doch tatsächlich die eine Agentin die andere mit einem Mohnbrötchen vergiften! Aber die, nicht blöd, checkt die Sachlage und täuscht Zahnprobleme vor. Das kann Agentin Nummer eins nicht gelten lassen und preist ein Wundermittel an - damit die Alte sich doch noch das Brötchen in die Frete schiebt. FIES! Und verdammt, wie geht es weiter? Muss das sein, dass die spannende Werbung ständig vom Spielfilm unterbrochen wird? Und hat irgendjemand Litwinenko vielleicht vor seinem Tod den Satz: “Ich dachte du liiiiieeeebst Sushi?” unterbreitet?
Ein anderer Liebling von mir ist eine Putzmittelwerbung (und schon wieder versagt das Konzept, wie heisst die Reinigungsbrühe???). Eine Weltklasse-Mama beginnt den Spot mit der sinngemäßen Aussage: “Woah, meine Kinner sind das Letzte, die sauen mir das ganze Haus ein, Ferkel sind das, FERKEL!” Und dann sausen die beliebten Fleckenmuster in das zu disem Zweck viergeteilte Bild und eine Männerstimme die wir alle heiraten wollen, wenn wir ehrlich sind, kommentiert: “Schmutz, Kaffee, Rotwein…” Entschuldigung? Deine Kinder sind Ferkel? Ja, klar, gestern erst, als die kleine Lisa, 8 Jahre alt, mal wieder unvorsichtig mit ihrer täglichen Flasche Rotwein war und diese komplett auf dem hellen Teppich entleert hat. Und ihr Bruder, der dumme Hannes, gerade mal 3 Jahre, hat schon wieder seinen Kaffee über den ganzen Flur gekotzt. Da würd ich auch die Meise bekommen und zum nächstbesten Ätzmittel greifen. Kinder! Schlimm! Und hey, Fräulein: Echt clever, dass du mit deinen 500 Kindern und dem Hund, der sich nie die Füße auf der Matte abstreift, auf einen HELLEN TEPPICH bestanden hast! Manchmal muss man eben Prioritäten setzen, nicht wahr?
Oh, ja, ich liebe Werbung. Sie kann mir gar nicht dumm genug sein.

Weitergeleitetes Leid

(zuerst veröffentlicht im Blog des STVC am 07.Februar 2007)

Von Mails, die ich meinem ärgsten Feind nicht schicken würde…

Da nun auch schon das StudiVZ (eigentlich eine Plattform zum wiederfinden alter Schulkameraden und Bündnis schließen mit anderen Studenten) zum Versenden gewisser Nachrichten missbraucht wird, erfolgt hier nun mal eine Übersicht über die Arten von Mails, deren Existenz ich gerne ausrotten würde.
1. Kategorie: “Schick-das-weiter-oder-STIRB”Was soll das? Warum schickt mir jeder, der mich in seinem Adressbuch stehen hat, diese Mails? Und wer denkt sich das aus? Es reicht von “10 Jahre Pech in der Liebe” bis zur halben Todesprophezeiung, was einem in diesen Kettenmails angedroht wird, sollte man sie nicht an mindestens 15 Leute weiterschicken. Da tun einem ja schon die Menschen leid, die gar nicht so viele Menschen kennen - da haben die armen Säcke schon fast keine Freunde und dann gehen sie deswegen noch drauf! Die hätten ja nicht mal die Möglichkeit, diesen Flüchen zu entkommen. Im Ernst, warum sollte ich das weiterschicken, noch dazu an meine Freunde? Denen wünscht man in der Regel kein Pech (jedenfalls nicht außerhalb der selbstgebastelten Normen für Gerechtigkeit in der Welt).Löschen!
2. Kategorie: “Ist das nicht ent-supi-niedlich?”Es ist in Ordnung, wenn du Diddl-Mäuse liebst. Es ist vollkommen legal, einen Teddy im Bett liegen zu haben. Ich werde niemals darüber spotten, wenn jemand Glücksbringer-Kuscheltiere zu Prüfungen mitbringt. Aber Mails, die schon im Betreff-Text Anmerkungen wie “Eine schöne Geschichte” stehen haben - das ist eindeutig ein Auslöser für diesen Brechreiz, der mich dann und wann überkommt. Erstens sind diese Wahnsinnsgeschichten, Gedichte und Plüsch-Power-Point-Präsentationen einem schon so bekannt, dass es weh tut, zweitens: Wenn mich ganz plötzlich das Gefühl überkommt, ich müsste jetzt 53 Steiff-Teddys anschauen, dann kann ich “Steiff-Teddy” in der Suchmaschine meines Vertrauens eingeben und habe, was ich brauche. In der Regel interessieren mich schöne Geschichten nur, wenn sie der Absender selbst erlebt hat. Ansonsten weckt mich, wenn der Weltfriede da ist.Löschen!
3. Kategorie: “Wer-das-nicht-weiterschickt-hat-mein-Kind-getötet”Wie abartig gestrickt muss jemand sein, um so mit dem Mitleid der Menschen zu spielen? So, AOL zahlt euch 50 Cent für jede Mail, die weitergesendet wird, damit der arme Fridolin ein neues Herz, eine neue Lunge, ein neues Leben bekommt? Aber Kontakte zum Direktspenden gebt ihr nicht an. Hat AOL sicher verboten, hm? Oder: Ihr wollt mich total veräppeln. Und ich tippe da auf Möglichkeit 2. Das wirklich fiese an diesen Mails ist, dass man tatsächlich ein schlechtes Gewissen bekommt, wenn man sie nicht weiterschickt, a la “Und wenn’s nun doch stimmt?” Und wenn tatsächlich mal ein Hilfegesuch reinschneit und jemand nach einer passenden Blutgruppe sucht, dann denkt sich der abgebrühte Kettenmailempfänger: “Alles klar, und den Weihnachtsmann gibt es wirklich.” , nur weil man zuvor diese ganze Rotze geschickt bekommen hat. Ich bitte euch alle: Spendet richtig oder lasst es.Löschen!
4.Kategorie: “Das-funktioniert-äääääscht-Spiel”Man kann nur mit dem Kopf schütteln. Schreibe so und so viele Zahlen auf, schreibe so und so viele Namen dahinter, bla bla blubb und hast du nicht gesehen, dort und da steht der Name von dem, den du lüüübst! Na, ach, nee. Als wenn dem normal tickenden Menschen nicht auf Anhieb die Leute einfallen würden, die ihm am nächsten stehen. Die kleinen Spielchen versuchen noch, einen zu verwirren, indem sie einen erst was hinter die 3 schreiben lassen, dann hinter die 5 und so weiter und sofort. Ja, bin ich denn knacksig im Kopf, dass ich das nicht merken soll? War irgendwo ein Hinweis “Bitte nur mit einem IQ über 5 mitspielen!”, den ich überlesen habe? Und dann die alte Leier: schick das weiter, sonst beisst dich ein siebenköpfiges Malzbier genau in die Achselhöhe. Und wenn du’s weiterschickst, dann geht dein Wunsch in Erfüllung! Oh, wenn das so ist: Einmal fest “Weltherrschaft” denken und ab dafür!Löschen!
Früher hat es die Abergläubigen wenigstens noch Zeit und Geld gekostet, die vielen Briefe abzuschicken - jetzt geht der Wahnsinn per Mausklick in die Welt.
Wer jetzt das Gefühl hat, er müsste diesen Text jemandem in die Mailbox stopfen, der tue sich keinen Zwang an.Angemerkt sei nur: Heute wird hier niemand sterben, weil er es nicht tut.